Achtsamkeit in der westlichen Medizin und Psychologie
Bei der Verbreitung buddhistischer Achtsamkeitstechniken im Westen spielten unter anderem die Werke von Daisetz Teitaro Suzuki, Alan Watts und Eugen Herrigel eine wichtige Rolle. Ab den 1960er Jahren nahm das Interesse am Einsatz von Meditationstechniken im Bereich der Psychotherapie zu, vor allem unter Psychoanalytikern (z. B. C.G. Jung, Erich Fromm) und Vertretern der humanistischen Psychotherapie (z. B. Fritz Perls, Carl Rogers, Charlotte Selver). Aspekte der Achtsamkeit und Akzeptanz wurden dementsprechend in die Psychoanalyse (z. B. im Sinne der freien Assoziation des Analysanden und der gleichschwebenden Aufmerksamkeit des Analytikers, die Sigmund Freud auch kritiklose Selbstbeobachtung nannte.[22]), die Gestalttherapie, die klientenzentrierten Psychotherapie und die Methode des Focusing, in die Gestalttheoretische Psychotherapie sowie in körperorientierten Verfahren wie z. B. Hakomi integriert.[23]
Die Gestalttherapie nimmt hier allerdings eine Ausnahmestellung ein: Bei ihr bildete bereits von Beginn an, also schon seit den 1940er-Jahren, Bewusstheit bzw. Gewahrsein (der englische Ausdruck lautet hier „awareness“) ein grundlegendes Element ihrer therapeutischen Theorie und Praxis.[24] Bewusstheit bzw. Gewahrsein, nach gestalttherapeutischer Verwendung der Begriffe, kann sowohl eine absichtslose, aktive, innere Haltung der Achtsamkeit als auch eine mehr gerichtete Form der Achtsamkeit bezeichnen und sich auf alle Phänomene der Wahrnehmung und des Erlebens richten. Ursprünglich hatten Laura Perls und Fritz Perls wegen dieser Schlüsselrolle des Gewahrseins in der neuen Therapiemethode sogar vorgesehen, diese „Konzentrationstherapie“ zu nennen.[25]
Ab den 1960er Jahren wuchs das Interesse im Bereich der experimentellen Psychologie an Formen der Bewusstseinserweiterung, unter anderem durch Meditation, und erste EEG-Studien bei Meditierenden wurden durchgeführt.
Erste wissenschaftliche Studien zum Einsatz von Achtsamkeitsmeditation im Bereich der Psychotherapie wurden ab den späten 1970er Jahren durchgeführt. Einen entscheidenden Einfluss hatte hierbei die Arbeit von Jon Kabat-Zinn, der Achtsamkeitstechniken (inzwischen bekannt als Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion oder MBSR) zunächst bei Patienten mit chronischen Schmerzen einsetzte.[1] Seitdem nahm das Forschungsinteresse an dem Thema stetig zu, und es wurden auch verschiedene andere (überwiegend kognitiv-verhaltenstherapeutisch orientierte) Therapieansätze entwickelt, die Achtsamkeitstechniken einsetzen (z. B. die Dialektisch-Behaviorale Therapie, die Akzeptanz- und Commitmenttherapie und die Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie).[26] Auch die von Luise Reddemann auf psychoanalytischer Grundlage entwickelte Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie enthält als wesentliches Elemente eigenständige Achtsamkeitsübungen.
Inzwischen wird das Prinzip der Achtsamkeit im Rahmen der Therapie oder Prävention einer Vielzahl verschiedener psychischer und körperlicher Störungen bzw. Probleme eingesetzt. Auch erfährt Achtsamkeit als Thema zunehmende Bedeutung in der interdisziplinär angelegten Ratgeberliteratur zur Stressbewältigung wie auch im gesundheitstouristischen Sektor.[27][28]
Quelle: Achtsamkeit wiki
https://de.wikipedia.org/wiki/Achtsamkeit#Achtsamkeit_in_der_westlichen_Medizin_und_Psychologie